1.9. Textinhalt
Der "Inhalt" des Textes äußert sich in seinem Sachbezug, seiner Re¬ferenz auf Sachverhalte oder Gegebenheiten einer außersprachlichen Realität, die durchaus auch "fiktiv" sein kann. Dieser Sachbezug kommt vor allem in der Semantik der im Text verwendeten Wörter und Strukturen (z.B. Satzformen. Tempora, Modi) zum Ausdruck, die sich gegensei¬tig ergänzen und einen "Zusammenhang" bilden. Die Feststellung der im Text verbalisierten Information muss daher zunächst von den Inhalten der Elemente ausgehen, die an der Textoberfläche mit Hilfe von Kohäsionsmitteln verknüpft sind: Textphorik (anaphorische und kataphorische Elemente), Rekurrenzen (повтор), Paraphrasen, "Zeitgerüst", logische Verkettungen, Thema-Rhema-Relationen und Funktionale Satzperspektive. Da an dieser Stelle der AT-Analyse die Analyse der Situation be¬reits als abgeschlossen betrachtet werden kann, geht es um die Bedeutung des Textes, die gewissermaßen "durch den Filter" der Ergebnisse der Situationsanalyse analysiert wird.
Zur inhaltlichen Analyse syntaktisch und/oder semantisch komplexer Texte schlägt C. Nord eine vereinfachende Paraphrase in "Informationseinheiten" vor/ die durchaus unabhängig von den an der Oberfläche realisierten Sätzen (in größeren oder kleineren Einheiten) zu isolieren sind und spricht von einer "paraphrasierenden Ablaufbeschreibung". Dabei müssen jedoch die logischen Relationen zwischen den Informationseinheiten, soweit sie im Text explizit (явный) vorhanden sind, ebenfalls notiert werden. Durch dieses Verfahren können sowohl Präsuppositionen (weisen auf Realien hin) als auch Kohärenzmängel, wie sie in Texten häufig vorkommen, vom Translator erkannt und eventuell ausgeglichen werden.
Allerdings ist bei der Herstellung solcher Paraphrasen größte Vorsicht geboten: Bei jeder Paraphrase entsteht grundsätzlich ein neuer Text, der mit dem Ausgangstext keinesfalls gleichzusetzen ist. Paraphrasen können daher nur zur Vereinfachung eingesetzt werden. Bei einer Paraphrase lexikalischer Einheiten (z,B. durch Synonyme, Antonyme) dagegen muss besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden, dass auch die konnotativen Bedeutungen so weit wie möglich mit berücksichtigt oder zumindest "markiert" werden.