1.21. Senderintention - Text
Ein ganz besonderes Gewicht für die Steuerung der Wirkung hat die Senderintention. Es ist davon auszugehen, dass jeder Sender, wenn er überhaupt mit einem Rezipienten rechnet, auf Wirkung bei diesem be¬dacht ist und die Wirkung nicht dem Zufall überläßt. Die Senderinten¬tion oder "Wirkabsicht" ist eine teleologische (цільове) der Wirkung durch den Sender. Die Wirkung steht dem Textproduzenten/Sender als Ziel vor Augen, daher sollen die von ihm eingesetzten (textinternen) Mittel auf diese Wirkung ausgerichtet sein. Entscheidend dafür, ob die Wirkung auch wirklich erzielt wird, ist die Frage, ob die Antizipation ausreichend reflektiert ist bzw. ob der Textproduzent in der Lage ist, die zur Verfügung stehenden Mittel zielgerichtet einzusetzen. Dieses Problem betrifft also vorrangig den Textproduzenten, gleich¬gültig, ob er gleichzeitig selbst der Sender ist oder im Auftrag eines an¬deren zur Verwirklichung von dessen Intention den Text produziert, und damit auch den Translator als Produzenten des Z-Textes. Der Translator muss daher die mit dem ZT angestrebte Wirkung beim Z-Rezipienten antizipieren (предугадывать; опережать ( своё время в познании чего-л. ) - ob die Wirkung des ZT die gleiche sein soll wie die des AT oder eine andere, wird durch den Übersetzungsauftrag bestimmt.
Eine solche Antizipation der angestrebten Wirkung setzt beim Text¬produzenten vor allem große Sachkenntnis (für den Translator beson¬ders große kulturelle Sachkenntnis) voraus, aber auch konkrete Phanta¬sie über die möglichen Folgen des sprachlichen Handelns, die Fähigkeit, sich in die Lage des Adressaten hineinzuversetzen, und Verantwortungs¬gefühl und Verantwortlichkeit gegenüber dem Gelingen eines sozialen Prozesses.
Die Reflexion der Senderintention im ganzen ist ein in höchstem Maße soziales und ethisches Phänomen, da ja zumindest die weitere ge¬sellschaftliche Position des Textproduzenten - auch des Translators - auf dem Spiel stehen kann. Das Gelingen eines sozialen Prozesses ist zum großen Teil abhängig von Intensität und Qualität der Reflexion über die Wirkabsicht. Bei der übersetzungsrelevanten Textanalyse führt die Frage, ob und wie die Intention des Senders in den textinternen Faktoren (besonders im Hinblick auf den Inhalt und die sprachlich-stilistischen Merkmale) re¬alisiert ist, zur Interpretation des Textes).