Stil der Wissenschaft

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Die funktionale Spezifik des wissenschaftlichen Stils be¬steht in der Vermittlung von Erkenntnissen. Das können Formulierung von Gesetzen, Aufstellung und Erörterung von Problemen, Darlegung von Tatsachen und Beweisen u. a. sein. Es handelt sich immer um die sogenannte rationelle Kommunikation. Deutlich ist dabei das Streben nach einer vollständigen Ausformulierung. I. Als extralinguistische Besonderhei¬ten dieses Stils gelten folgende für ihn charakteristische Merkmale: die Logik — sein allgemeiner und obligatorischer Stilzug, mit welchem noch andere charakteristische Merkmale verbunden sind,— die Klarheit, die Folgerichtig¬keit. Die Gedankengänge müssen klar und lückenlos entwickelt sein, ,,Sprünge" und Auslassungen sind in diesem Stil unzulässig. Typische extralinguistische Merkmale des wissenschaftlichen Stils sind weiter die Sachbezogenheit und Präzision. Die letztere kann als das Streben nach Defi¬nitionen verstanden werden. Neben der Logik existiert noch ein sehr allgemeiner Stilzug der wissenschaftlichen Tex¬te—die Abstraktion. W. Fleischer und G. Michel betrach¬ten sie als „Grundzug" [37, S. 260]. Das Fehlen der emo¬tionalen Expressivität ist in diesem Stil natürlich, hier kann nur von der logischen Expressivität die Rede sein. Sie hängt mit dem Stilzug „Logik" zusammen und offen¬bart sich in Aufbau und Aufgliederung der Texte, in spe¬ziellen Arten der Verbindung zwischen einzelnen Teilen des Textes, im Charakter der Schlußfolgerungen usw. Man muss noch darauf hinweisen, daß im wissenschaftli¬chen Stil die objektive Darlegung der Zusammenhänge dominieren muss, das Subjektive tritt hier zurück II.

2. Die linguistischen S t i l z ü g e des Wissen¬schaftlichen Stils spiegeln sich in den Regeln der Auswahl und Verwendung sprachlicher Mittel, in ihrer Anordnung bei der Textgestaltung usw. wider. Das betrifft/n erster Linie die lexikalische Ebene der Textgestaltung d.h. die Wortwahl. Wissenschaftliche Texte enthalten viel spezielle Lexik. Dazu gehören Termini und terminologische Wort¬verbindungen, spezielle Realienbezeichnungen. Wissen¬schaftliche Termini und Realien bilden Stützpunkte der thematischen Organisierung der Wortwahl. Ihre Verwen-dung dient gerade der Darlegung und präzisen Vermitt¬lung des wissenschaftlichen Inhalts. Die meisten wissen¬schaftlichen Termini sind Fremdwörter, sowohl bekannte und deshalb verständliche als auch solche, die nur an einen bestimmten Adressatenkreis gerichtet sind. An der strukturellen Seite der Wörter läßt sich die Ten¬denz zur Zusammensetzung feststellen: das Vorhanden¬sein zahlreicher zusammengesetzter Substantive (Komposita) ist eine wesentliche linguistische Charakteristik des Stils. Zusammengesetzte Substantive stehen im Dienst der Präzision, sie erübrigen oft Definitionen und Erläute¬rungen und leisten auf solche Weise ihren Beitrag zur Komprimierung des Inhalts und Ökonomie der Ausdrucks- form. Viele Abstrakta dienen zur Bezeichnung und Wie¬dergabe abstrakter wissenschaftlicher Begriffe. Die mei¬sten von solchen Bezeichnungen sind deverbative Ablei¬tungen mit dem Suffix-ung. Zur Spezifik des Stils gehört auch häufiger Gebrauch von verbal-substantivischen Wortverbindungen oder Streckformen; die Streckformen helfen der Verdeutlichung und Alisformulierung: die Notwendigkeit anerkennen, in eine Nachprüfung eintre¬ten, eine Fortführung finden, eine Hebung bringen, Empfehlungen erarbeiten usw. Zusammenfassend kann man also sagen: das Vorherr¬schen substantivischer Termini, eine große Zahl von zu¬sammengesetzten Substantiven, die Verwendung vieler Streckformen (Funktionsverbfügungen), zahlreiches Auftreten von Substantiven auf -ung sind Hauptmerkmale der lexikalischen Ebene der wissenschaftlichen Texte. Sie zeugen von stark nominalem Charakter dieses Stils.

3. Wenn man die grammatische Seite des Stils betrachtet, so erkennt man die Tendenz zur Nominalisierung noch deutlicher. Sie wird durch folgende syntaktische Beson¬derheiten gekennzeichnet: Satzstrukturen mit starker no¬minaler Konzentration; zahlreiche Substantivgruppen mit der Tendenz zur Blockbildung (rnehrgliedrige Subslan-tivgruppen); Gebrauch von Passivsätzen (vorwiegend zweigliedriger Struktur) im Dienst der Unpersönlichkeit, d. h. zum Ausdruck der Prozesse, unabhängig von ihrem Urheber. Der unpersönliche Charakter der Mitteilungen ist für den wissenschaftlichen Stil im allgemeinen ein cha¬rakteristisches Merkmal. Als Satztyp dominiert der Vor¬gangssatz; er tritt als Hauptform der Wiedergabe verschie¬dener Prozesse auf. Der Aussagesatz ist dominierend als kommunikativer Satztyp. Ausrufe- und Fragesätze als Kennzeichen der emotionalen Rede erscheinen in diesem Stil selten. Kurzsätze und besonders Ellipsen sind hier auch nicht am Platz.

Als Illustration des wissenschaftlichen Stils dienen fol¬gende Texte: 1. ,.Eine neue Methode zur Diagnostizierung des Myokard-Infarkts mit Hilfe von Blutfermenten ist von Medizinern entwickelt worden. Ein führender Internist erklärte dazu auf einer Plenartagung der kardiologischen Gesellschaft in Kischinjow, daß zusätzlich zum Elektrokardiogramm Menge und Aktivität von Blutfermenten festgestellt werden, Das ermögliche es, den Myokard-Infarkt selbst bei atypischen Fällen, insbesondere bei älteren Menschen, mit Sicherheit zu diagnostizieren. Zur Auswertung der Meßdaten werden Computer einge¬setzt. Zu diesem Zweck wurde eine mathematische Metho¬de zur Mengenanalyse der Fermente entwickelt. Die Ana¬lysenergebnisse werden auf einem Lochstreifen festgehal¬ten." Funktionelle Stile im Deutschen